Sehr geehrter Herr Sanden,
gestern haben Sie der Öffentlichkeit gemeldet, dass die REWE-Gruppe Glyphosat-haltige Produkte aus dem Handel nehmen will. Ich finde diese Entscheidung verantwortungslos und möchte Ihnen im Folgenden die Gründe dafür da legen.
In der Presse kursiert derzeit die Forderung der Partei Bündnis 90/Die Grünen und nahestehenden NGOs wie Greenpeace, den Wirkstoff Glyphosat zu verbieten bzw. die Nutzung einzuschränken. Grund sei die neue Einordnung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ (Kategorie 2A). Dazu ist zu sagen, dass die IACR lediglich eine Einordnung vorgenommen hat. Es liegen, wie oft missverständlich gemeldet wird, keine neuen Erkenntnisse vor, die die IACR dazu veranlasst hätte, eine solche Einordnung vorzunehmen. So schreibt das Bundesamt für Risikobewertung in seiner Stellungnahme dazu, dass es die Entscheidung der IACR nicht nachvollziehen kann. Alle Studien, auf die sich die IACR bezieht, sind auch vom BfR gesichtet worden: „Alle diese Befunde wurden ebenfalls in den Glyphosat-Bewertungen des BfR, der EU-Institutionen und dem für die Bewertung von Pestizidwirkstoffen zuständigen Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der FAO/WHO berücksichtigt. Diese Gremien sind zur Gesamtschlussfolgerung gekommen, dass Glyphosat nicht kanzerogen ist.“ (http://www.bfr.bund.de/cm/343/loest-glyphosat-krebs-aus.pdf)
Aufschlussreich ist auch ein Blick darauf, was die IACR in der höchsten Kategorie (Kategorie 1) als (definitiv) „krebserregend“ listet: alkoholische Getränke, Abgase von Diesel-Motoren, Emissionen von Kohleöfen, die im Haus betrieben werden, bestimmte Östrogen-betonte Wechseljahres-Therapien, Sonneneinstrahlung, Holzstaub, Tabak und Tabakrauch, Sonnenbänke, Ruß, nach chinesischer Art gesalzener Fisch (Quelle: http://monographs.iarc.fr/ENG/Classification/ClassificationsGroupOrder.pdf).
Warum wird nicht deutlicher kommuniziert, dass etwa Alkohol, Holzstaub und die Nutzung von Sonnenbänken von der WHO als krebserregend eingestuft werden? Bevor wir die zweithöchste Kategorie (2A) angehen, sollten wir dann nicht zuerst die nach IACR gefährlichsten Stoffe aus Kategorie 1 aus unserer Umwelt verbannen? Warum haben Herr Hofreiter und Herr Ebner nicht schon längst einen Brief an alle Baumärkte geschrieben, in dem sie fordern, keine Kaminöfen zu verkaufen. Schließlich kann man darin Kohlebriketts verbrennen und das ist definitiv (nicht nur wahrscheinlich) krebserregend. Holzbretter sind auch brandgefährlich: Beim Sägen und Hobeln entsteht krebserregender Holzstaub!
Glyphosat ist nach internationalen toxikologischen Standards (LD 50 Ratte oral) weniger giftig als Kochsalz oder Backpulver (https://doccamiryan.files.wordpress.com/2014/03/toxicity-table4.png). Würde Glyphosat verboten, welche Alternativen stehen denn dann Landwirten und Hobbygärtnern zur Verfügung? Müssen die Anwender dann auf giftigere Substanzen zurückgreifen? Nimmt man zum Beispiel das Mittel COMPO Bio Unkrautvernichter Herbistop, ein Gemisch verschiedener Säuren, und betrachtet das Sicherheitsdatenblatt (http://images.obi.de/PROD/DE/document/333/333001_safety_1.pdf), stellt man fest, dass nach dem Kriterium LD 50 Ratte das Bio-Mittel giftiger ist als Glyphosat. Außerdem schädigt es Bienen. Der Bio-Hinweis kann Hobbygärtner noch dazu verleiten, das Produkt besonders sorglos einzusetzen – mit fatalen Folgen für sich selbst und die Umwelt.
Der US-amerikanische Pflanzenphysiologe Stephan O Duke hat Glyphosat einmal als „a once-in-a-century herbicide“ bezeichnet (http://onlinelibrary.wiley.com/enhanced/doi/10.1002/ps.1518 ): hochwirksam und dabei wenig giftig und für die Umwelt unproblematisch, weil es im Boden abgebaut wird. Der Wirkmechanismus greift in den Stoffwechsel der Pflanze ein: Glyphosat blockiert ein Enzym, das Pflanzen zur Herstellung bestimmter Aminosäuren benötigen. Die Wirkung, das Absterben der Pflanzen, sieht gewaltig aus, der chemische Eingriff ist jedoch nur winzig klein. Das vom Glyphosat blockierte Enzym kommt in menschlichen und tierischen Organismen nicht vor. Das erklärt die geringe Giftigkeit für Mensch und Tier.
Glyphosat wird seit mehr als 40 Jahren eingesetzt, ist gut erforscht und gilt als sicher. Es gibt in der Landwirtschaft moderne, die Bodenstruktur erhaltene Aussaatverfahren (Stichwort „Strip Till“), die ohne diesen Wirkstoff nicht in dieser Form möglich sind. Auch die Winterbegrünung zum Erosionsschutz wird schwieriger ohne Glyphosat. Der Wirkstoff ist aufgrund seiner erwiesenen Unschädlichkeit ein wichtiges Instrument und unverzichtbar.
Bitte unterstützen Sie die Meinungsmache der Grünen sowie der damit sympathisierenden Gruppen nicht. Die Argumentation ist populistisch und unlauter. Wenn Sie der Forderung jetzt nachgeben, geben Sie denen Recht. Das stützt die Position und schadet letztlich Mensch, Tier und Umwelt.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Günther
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