Wegwerf-Kultur

Bei der Nikolausfeier im Dorf hat meine Tochter eine Dynamo-Taschenlampe in niedlicher Tieroptik geschenkt bekommen. Eigentlich ein tolles Geschenk: Durch den Dynamo lässt sich die Taschenlampe immer wieder neu laden, so dass lästiges Batterienwechseln entfällt. Doch die Freude währte nicht lange. Noch auf dem Weg nach Hause ging ein Schalter verloren, mit dem sich der Dynamo-Griff im eingeklappten Zustand feststellen ließ. Dieser Schalter ist genau genommen verzichtbar – bleibt der Dynamogriff halt ausgeklappt. Nach einer weiteren Stunde Beschäftigung mit dem neuen Spielzeug fiel allerdings die Speicherfunktion des Akkus aus: Die Lampe leuchtete nur noch, solange man den Griff betätigte.

Meine kleine Tochter war untröstlich. Ich dachte mir: „Na, da sind schwache Akkus verbaut. Vielleicht lassen die sich ja austauschen.“ Also schraubten wir das Gerät mit einiger Mühe auf und erlebten eine unliebsame Überraschung: Das Innenleben der Lampe offenbarte keine austauschbaren Akkus, sondern fest verklebe Knopfzellen. Generell wirkte die Konstruktion recht filigran mit hauchdünnen Kupferdrähten, die auch nur zum Teil isoliert waren. Ich fummelte die Mechanik wieder halbwegs zusammen  und schraubte alles wieder zu. Die Schrauben ließen sich zwar nicht mehr so fest anziehen, weil das Kreuz im Schraubenkopf durchs Losschrauben bereits gelitten hatte, aber interessanterweise funktionierte die Speicherfunktion des Akkus wieder. Meine Tochter war vorerst wieder zufrieden. Ich nicht.

Mich ärgern diese Wegwerf-Artikel. Zwischenzeitlich hatte ich mich im Internet umgesehen, ob dort eventuell Ersatz für die niedliche Taschenlampe zu beziehen ist, für den Fall, dass sie doch nicht wieder richtig funktioniert. Das Produkt war schnell gefunden, die Amazon-Bewertungen sprechen Bände, eine Auswahl aus den 1-Sterne-Rezensionen:

  • „defekt bei Lieferung, der Hebel war bereits eingedrückt und gab den Blick aufs Innere preis. Artikel ging zurück. Es wurde kein Ersatz geordert, da die Lampe von sich aus keinen soliden Eindruck macht und ein erneuter schneller Defekt zu erwarten ist… insbesondere in Kinderhand“

  • „Die Taschenlampen wurden wenig genutzt und noch nicht mal stark strapaziert und sind dennoch schon kaputt. Da alles aus Plastik ist, gehen wichtige Verbindungsteile und Halterungen auch sofort kaputt.“

  • „Hatte 6 Taschenlampen für einen Kindergeburtstag bestellt. 2 waren kaputt, also zurückgeschickt und 2 neue Taschenlampen bestellt. Davon war eine kaputt, also eine zurückgeschickt und eine neue Taschenlampe bestellt. Die war dann auch kaputt, also alle wieder zurück geschickt und was anderes gekauft.“

Sehr aufschlussreich sind auch die Amazon-Bewertungen zu unserem letzten Drucker-Modell, immerhin ein Markenprodukt. Deutliche 52 Prozent der Kundenrezensionen vergeben nur 1 Stern, die niedrigste Bewertung:

  • „Um es auf den Punkt zu bringen: Das Gerät ist nach kurzer Zeit einfach nur noch Elektroschrott.“

  • „Ich hatte den Drucker also trotz der streifigen Ausdruck zumindest im privaten Bereich weiterverwendet, bis er nun mit Fehler 0x97 endgültig den Dienst quittierte, nach weniger als 2 Jahren. Nach Auskunft von Epson wirtschaftlicher Totalschaden, eine Reparatur würde den Neupreis des Gerätes übersteigen.“

  • „Auch bei mir nach 1,5 Jahren error code 0x97 = Hauptplatine defekt = Schrott. Händler und Hersteller keinerlei Kulanz.“

Uns ging es ähnlich: Nach gut einem Jahr druckte das Gerät auf einmal Streifen, die sich nicht mehr durch eine Druckkopfreinigung abstellen ließen, und irgendwann versagte es mit Fehlercode „0x97“ völlig den Dienst. Schließlich haben wir ein neuwertig aussehendes Gerät als Elektroschrott entsorgt. Die bereits besorgten Druckerpartonen konnte ich – mit Verlust – weiter verkaufen. Ich wollte nie an so etwas wie geplante Obsoleszenz glauben, aber diese Erfahrung rüttelt an dieser Einstellung.

Ich frage mich grundsätzlich, ob das so sein muss, dass Waren gar nicht dafür gebaut werden, auch über den Garantiezeitraum hinaus zu halten. Bei vielen elektrischen Geräten ist das heute so, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt, weil ein Neugerät günstiger ist. Das hält zwar die Wirtschaft in Schwung, lässt aber die Müllberge wachsen und mich als Verbraucherin frustriert das. Ich ertappe mich dabei, dass ich Artikel wie Handy-Ladekabel auf Vorrat kaufe, denn manche Modelle halten nur wenige Wochen.

Überflüssig finde ich auch Artikel mit eingebauten Batterien, die sich nicht austauschen lassen: Die berühmten Blink-Schuhe für Kinder etwa mit Lampen in der Sohle oder Zahnbürsten, die vibrieren. Zahnbürsten sollten aus hygienischen Gründen spätestens nach drei Monaten gewechselt werden. Muss das sein, dass solche Gebrauchsartikel mit kurzer Nutzungsdauer fest eingebaute Batterien enthalten? Werden diese Artikel wirklich alle fachgerecht als Elektroschrott entsorgt? In den Hausmüll gehören solche Produkte nämlich nicht.

In den letzten Jahren sind zudem Lampen in Mode gekommen, deren Leuchtmittel – in der Regel LEDs – sich nicht austauschen lassen. Auch hier meine Frage: Muss das sein? Handys mit fest verbautem Akku: Muss das sein? Ich bin kein Freund von Regulierungen, aber als Verbraucherin wird mir das bald zu anstrengend, bei Neuanschaffungen mich gleich auch informieren zu müssen, ob ich die Teile des Produktes, die schneller altern als der Rest, wieder erneuern kann.

Der Handel, allen voran der Lebensmitteleinzelhandel, schreibt sich gerne Nachhaltigkeit auf die Fahne. Beim eigenen Marketing tritt der Nachhaltigkeitsgedanke dann in den Hintergrund: Manche Ketten organisieren regelmäßig Sammelaktionen für Kinder mit dem Verkauf von Merchandising-Artikeln und Sammelalben etc. Diese werden mit allerhand Materialien wie Fähnchen etc. beworben. Fußball-Welt- oder Europameisterschaften aber auch Starts von populären Kinofilmen sind willkommene Anlässe. Die Aktionen sind bei den Kindern sehr beliebt: Selbst Großeltern werden bei der Umsatzgenerierung zur Sammelbild-Akquise mit eingespannt. Ist der Hype vorbei, lagern die Alben in den Bücherregalen und die restlichen Aufkleber, Karten, Figuren oder Sticker wandern in den Mülleimer. Wie nachhaltig ist das? Allein die Werbematerialien (Fähnchen etc., die es kostenfrei an den Kassen gibt) werden meist noch am selben Tag weggeschmissen. Auch Handels-Partnerschaften werden mit Fähnchen beworben. Ich finde das völlig überflüssig. Bei den Lebensmitteln überbieten sich die Handelsketten mit ihren Greenwashing-Aktionen gegenseitig, aber bei den eigenen Marketing-Aktionen scheint Nachhaltigkeit Nebensache zu sein.

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2 Kommentare zu „Wegwerf-Kultur“

  1. Ü-Ei-Spielzeug, Junior-Tüte mit Spielzeug und und und
    Wir kaufen so viele Sachen, die letztlich nach kurzer Zeit (oft nicht einmal eine Woche) entsorgen.
    Wenn ich dann an die Prospekte von der Postenbörse und 1Euro-Läden denke. Da halten die wenigsten Sachen wirklich lange. Reklamationen? Vermutlich oft nicht.
    Oder die Werkzeuge in Baumarktqualität. Gehen schneller kaputt wie man arbeiten kann.
    Warum hat der verpackte Schrott so viel Erfolg?

  2. Kühlschränke sind böse

    Sowas ist echt nervig, da bin ich ganz bei Ihnen.
    Besonders über die Lampen habe ich mich in letzter Zeit geärgert. Man bekommt ja kaum noch welche mit austauschbaren Leuchtmitteln. Jetzt spart man dank LED Strom, Muss dann aber die ganze Lampe wegeschmissen wenn das Leuchtmittel nicht mehr funktioniert. Sehr nachhaltig…^^

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