Die Familie Bremehr betreibt im ostwestfälischen Verl einen Bauernhof mit Hofladen, in dem sie Spezialitäten aus eigener Herstellung anbietet, u. a. Fleisch von britischen Longhorn-Rindern sowie hausgemachte Marmelade. Bei den Hofsafaris dürfen Besucher die gesamte tierische Vielfalt auf Bremehr’s Hof erleben: Neben den imposanten Longhorn-Rindern u. a. Alpakas, Schafe, Wasserbüffel, Bentheimer Landschweine und im Sommer sogar Storche in ihrem Brutquartier.
Ihre Zukunftssorgen beschrieb die Familie jetzt auf Facebook. Vielen Dank, dass ich das hier im Blog aufgreifen darf, denn diese Zeilen dürften vielen Bauernfamilien aus der Seele sprechen:
„+++ DIE ZUKUNFT DER NUTZTIERHALTUNG?! +++
Wenn wir unseren Tom 🐂 hier an der Wand hängen sehen, fragen wir uns immer öfter:
Ist das die Zukunft der Nutztierhaltung 🤔?
Rülpst nicht, furzt nicht, frisst nichts und sch**ßt nichts. Tolle Sache 🤷🏼♀️!
Die jüngsten Entwicklungen der Landwirtschaft durch die Politik legen diesen Schluss leider nahe: Dank #Mercosur bedient sich der Handel an Rindfleischimporten aus Südamerika, dank #Agrarpakt und #Düngeverordnung werden die Erträge der heimischen Landwirtschaft in den nächsten Jahren deutlich sinken.
Schon heute werden sowohl im Bio als auch konventionellen Bereich zahlreiche Obst- und Gemüsesorten importiert, obwohl es genug heimische Erzeuger gibt! Wir legen größten Wert darauf, unseren Kunden Produkte regionaler Erzeuger mit Spitzenqualität anzubieten – aber wie lange wird es die noch geben?
Wie lange werden wir noch so arbeiten können, wie wir es wollen und immer getan haben? Die Genehmigungspolitik der letzten Jahre macht es einfacher, die Tiere in einen abgeschlossenen Stall zu verfrachten als eine Offenstalllösung anzubieten. Während vom Staat nach außen „Tierwohl“ gefordert wird, werden in der Realität alle Bestrebungen, dies zu ermöglichen, massiv erschwert. Die Bürokratie steht einem Mehr an Tierwohl gewaltig im Weg: Die gestellten Anforderungen führen Offenstall- und Auslaufkonzepte ad absurdum!
Alle sorgen sich um das Insektensterben und freuen sich über Blühstreifen am Ackerrand – ganz viel Lebensraum für Insekten bieten aber immer noch Weideflächen, offene Ställe und Misthaufen, denn jeder Kuhfladen ist ein kleines Paradies für all die Insekten, die nicht von Pollen und Nektar leben! Weidehaltung ist aktiver und gelebter Artenschutz, liebe Politik.
Machen wir so weiter, kommt bald alles aus dem Ausland, unter Bedingungen produziert, die hier seit Jahren abgeschafft sind – aus gutem Grund! Ackerflächen sind nur noch für die erschwinglich, die den Mais oder Schnittroggen in die Biogasanlage fahren. Tiere auf der Weide gibt es nicht mehr, denn wenn man als Nutztierhalter keine Ackerflächen mehr für das Winterfutter hat, braucht man auch keine Weiden mehr. Schon heute ist es kaum möglich, als Tierhalter Flächen neu anzupachten, deren Pachtpreis auch halbwegs zu erwirtschaften ist. Die letzten beiden Dürresommer tun ihr übriges, das Futter zu verknappen und massiv zu verteuern und die Tierhaltung zu erschweren.
Wir fragen uns:
Quo vadis, deutsche Landwirtschaft, deutsche Nutztierhaltung?
Eure Bremehrs“
Links:
Bildnachweis: Familie Bremehr
Hut ab vor der Leistung der Familie Bremehr! Ich finde es beeindruckend, was diese aufgebaut hat!
Doch zu den Beschwerden über die Regelungen, die von der Politik für die Landwirtschaft aufgestellt werden, möchte ich folgendes anmerken: Diese Regeln (Gesetze, Verordnungen) gelten für die industrielle Agrarproduktion, die mittlerweile den überwiegenden Teil der hierzulande erzeugten Nahrungsmittel liefert. Regeln, die diese Art der Erzeugung menschen- und umweltverträglich sowie nachhaltig machen, kann ich deshalb nur begrüßen und auf keinen Fall beklagen, auch wenn derartige Regelungen in anderen Teilen der Welt (noch) nicht existieren.
Wenn auch der Betrieb der Familie Bremehr, der zumindest dem ersten Eindruck nach nichts mit industrieller Agrarproduktion zu tun hat, von diesen Regeln betroffen oder gar behindert wird, sollte Familie Bremehr ihren Betrieb nicht mehr „Landwirtschaftlicher Betrieb“ nennen, sondern eine andere juristische Form wählen, wie z. B. „Kleintier-Zoo“, „Regional-Vermarkter“, „Kleinerzeuger“ oder ähnliches; dann sollten die hinderlichen Regelungen nicht mehr gelten (sondern andere).
Ich habe Familie Bremehr empfohlen, sich bitte nicht vor den Karren der industriellen Landwirtschaft spannen zu lassen, die natürlich die geltenden Einschränkungen lieber heute als morgen über Bord werfen würde und die Kapitalrendite auf Kosten der jetzigen und zukünftigen Menschen maximal erhöhen möchte.
Was Familie Bremehr betreibt, ist die Zukunft der hiesigen „Landwirtschaft“. Größere Teile der landwirtschaftlichen Familienbetriebe, vor allem auf Grenzertragsstandorten, werden nur so überleben können: Als Anbieter von Unterhaltung, Gastronomie, Landschaftspflege und teuren regionalen und speziellen Produkten.
Die Produzenten von Massenware, der Grundversorgung, werden sich auf die besten Standorte in der Welt konzentrieren.
Über kurz oder lang werden wir eine Welt werden oder auf eine frühere Entwicklungsstufe zurückfallen.
Mit besten Grüßen
Jürgen Müller-Lütken