Noch in dieser Legislaturperiode will Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ein Verbot des Pflugeinsatzes auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erwirken. Die Ministerin verweist bei ihrem Vorstoß auf das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten:

„In Umsetzung des Bundes-Bodenschutzgesetz von 1998 bleibt mir nichts anderes übrig, als diesen notwendigen Schritt einzuleiten, um die Struktur unserer Böden zu erhalten, Erosion vorzubeugen und das Artensterben in den Agrarlandschaften aufzuhalten. Außerdem müssen wir auf den Pflug verzichten, um endlich die Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft zu reduzieren. Es darf kein Weiter-so mehr geben.“

Paragraph 17 des Bodenschutzgesetzes bestimmt die „Gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft“ hinsichtlich der wichtigen Ressource Boden. Dort heißt es u.a.:

„Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört insbesondere, daß
1.   die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung grundsätzlich standortangepaßt zu erfolgen hat,
2.   die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird,
3.   Bodenverdichtungen, insbesondere durch Berücksichtigung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des von den zur landwirtschaftlichen Bodennutzung eingesetzten Geräten verursachten Bodendrucks, so weit wie möglich vermieden werden,
4.   Bodenabträge durch eine standortangepaßte Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden werden,
5.   die naturbetonten Strukturelemente der Feldflur, insbesondere Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Ackerterrassen, die zum Schutz des Bodens notwendig sind, erhalten werden,
6.   die biologische Aktivität des Bodens durch entsprechende Fruchtfolgegestaltung erhalten oder gefördert wird und
7.   der standorttypische Humusgehalt des Bodens, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch Reduzierung der Bearbeitungsintensität erhalten wird.“

„Die einzig mögliche Schlussfolgerung aus diesen Anforderungen ist, dass der Pflug obsolet ist“, resümiert Hendricks. Sie ist sicher, Pflanzen und Tiere würden beim Pflügen einfach grausamst vergraben. Ohne Pflug gebe es mehr Regenwürmer, das sei erwiesen. Darüber hinaus sei dem naturliebenden Landtouristen der Anblick dieser nackten, unbewachsenen Agrarwüsten nicht länger zumutbar.

Rückenwind bekommt die Ministerin dabei von Natur- und Umweltschutzorganisationen. So meldet der World Wildlife Fund (WWF) in einem Konzeptpapier für Artenschutz in der Landwirtschaft alarmierende Zahlen:

„Amphibien halten sich im Sommer und bei An- und Abwanderung auf den Ackerflächen auf und sind deshalb potenziell von der Bodenbearbeitung betroffen; beim Pflügen können über 90% der Amphibien getötet bzw. letal geschädigt werden, beim Grubbern sind es deutlich weniger“

Reduzierte Bodenbearbeitung könne auch aus Gründen des Bodenschutzes sinnvoll sein, so der WWF, z.B. in Hanglagen oder zur Vermeidung von Nährstoffauswaschung in der Nähe von Gewässern.

Auch aus der Politik erhält das Bundesministerium Unterstützung: Erst in dieser Woche hatte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag einen Antrag eingereicht mit dem Ziel, die intensive Bodenbearbeitung zu begrenzen. In der Begründung heißt es:

„Zum anderen ist eine Begrenzung des Pflugeinsatzes nötig, um eine Überbeanspruchung des Bodens zu verhindern, die Beeinträchtigung für Flora und Fauna in Grenzen zu halten und den Tourismus vor einer zu starken Beeinträchtigung des Landschaftsbildes zu schützen.“

Das Umweltbundesamt (UBA) sieht die intensive Bodenbearbeitung schon lange kritisch. Präsidentin Maria Krautzberger stellte bereits 2016 fest:

„Denn das Pflügen und andere intensive Bodenbearbeitungstechniken tragen nachweislich zum Verlust der Artenvielfalt in Ackerlandschaften bei. Sie beseitigen auf Äckern jeglichen Wildpflanzenwuchs, so dass Insekten und Feldvögeln wie Lerche und Rebhuhn die Nahrungsgrundlage fehlt. Der Einsatz sollte deshalb deutlich reduziert werden – zu Gunsten minimal intensiver Alternativen.“

Krautzberger geht in ihren Forderungen noch weiter:

„Um die schädlichen Auswirkungen des Pflugeinsatzes auf die Umwelt zu kompensieren, müssten wir mehr Flächen in der Landschaft schaffen, auf denen keine Bodenbearbeitung eingesetzt werde: Brachen und Blühstreifen, die bedrohten Vogel- und Insektenarten als Lebensraum und Nahrungsgrundlage dienen.“

Sollte Ministerin Hendricks mit ihrem Vorstoß erfolgreich sein, könnte bereits nach der Ernte 2017 Schluss sein mit dem Pflügen.

2 Antworten zu „Pflügen soll verboten werden”.

  1. Avatar von Wolfgang Nellen
    Wolfgang Nellen

    Gibt es eigentlich Untersuchungen zu neuen Biotopen, die durch moderne Landwirtschaft geschaffen werden? Ich erinnere mich an große Pfützen in Treckerspuren, in denen zeitweilig sogar Fische waren. Die wurden dann wieder von Vögeln „abgeerntet“. Es gab kürzlich eine Publikation über Mikrobiotope in Elefanten-Fußabdrücken. Da fand man eine ungeahnte Biodiversität – temporär, aber wohl gleichzeitig auch ökologisch stabil. Elefanten sind doch nichts weiter als Bio-Trecker? 😉

    1. Wieso überhaupt noch pflügen? Ist doch viel zu teuer, zumindest gegen „Unkraut“ spritzt man heute doch viel billiger :-/
      Dank Glyphosat und Co. gibts dann auch keine Mikrobiotope auf dem Acker mehr 😦

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