Anton Hofreiter wird landläufig dem linken Flügel seiner Partei Bündnis 90/Die Grünen zugeordnet. Wie links im deutschen Parteispektrum er und mit ihm seine Partei sich befinden, wird deutlich wenn man seine Position zum Bayer-Monsanto-Deal betrachtet. Am 28. April dieses Jahres hatte die Bayer AG ihre Hauptversammlung in Bonn abgehalten. Vor der Tür campierten rund 200 Demonstranten – darunter drei Grüne Bundestagsabgeordnete: Neben Anton Hofreiter auch Katharina Dröge und Renate Künast. Künast und Hofreiter hielten bei der Hauptversammlung eine Ansprache an die Aktionäre, hier das Video dazu von Hofreiters Facebook-Seite:

Die Hauptaussagen:

-Glyphosat ist umstritten, WHO sagt „wahrscheinlich krebserregend“

-Glyphosat gefährdet die Artenvielfalt

-Bayer riskiert guten Ruf und Glaubwürdigkeit durch die Fusion mit Monsanto

Dem Deutschlandfunk sagte Hofreiter in einem Interview am Tag der Hauptversammlung:

„An der Fusion zwischen Bayer und Monsanto wären erst mal in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht eine ganze Reihe von Punkten problematisch. Nämlich es würde noch eine stärkere Konzentration der Marktmacht im Bereich der Agroindustrie bedeuten. Es bleiben dann nur noch sehr, sehr wenige Konzerne übrig, wenn die beiden auch noch fusionieren. Es bedeutet noch mehr Druck auf die Landwirte. Es bedeutet noch eine stärkere Oligopolstellung. Es ist bereits jetzt so, dass Landwirte darüber klagen, unter welch massiven Druck sie insbesondere auch von Monsanto gesetzt werden.“

Hubertus Zdebel, Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke, nahm wegen der laufenden Bundestagssitzung nicht am Protest in Bonn teil, hinterließ auf seiner Website aber ein Grußwort. Hier ein Auszug:

„Bayer und Monsanto stehen schon für sich genommen für die totale Durchkapitalisierung des globalen Agrarsektors. Ihnen geht es, wie bei jedem kapitalistischen Unternehmen, nicht um die Abschaffung von Hunger und Armut, sondern um Profite. Mit der Ausweitung von Gentechnik und der Patentierung von Pflanzensaaten geraten immer mehr Kleinproduzenten in Abhängigkeit von der Marktmacht der großen Konzerne. Für die Durchsetzung ihrer Profitziele schrecken Bayer und Monsanto vor so gut wie nichts zurück.“

Monsanto ist ein beliebtes Feindbild, vielleicht sogar das am meisten gehasste Unternehmen weltweit. Hier konzentriert sich die Globalkritik am Kapitalismus in einem Namen. Schauplatz des Systemkampfes ist zurzeit die Debatte um die Verlängerung der EU-Genehmigung für den Herbizid-Wirkstoff Glyphosat, der vor rund 40 Jahren von Monsanto auf den Markt gebracht worden ist.

Das Portal Rote Fahne News zitiert aus dem Buch „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ von Stefan Engel, dem Mitbegründer und ehemaligen Parteivorsitzenden der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD):

„Glyphosat ist das weltweit am meisten verkaufte Unkrautvernichtungsmittel. Es gilt als krebserregend, fruchtschädigend und kann zu Fehlgeburten und Missbildungen führen. Es schädigt im Wasser lebende Organismen und führt vermehrt zur Entwicklung resistenter Unkräuter. … Glyphosat ist heute weltweit allgegenwärtig. So lassen sich auch in Deutschland kaum noch Menschen finden, bei denen sich kein Glyphosat im Urin nachweisen ließe.“

Diese Aussagen dürften dem Kenner der Debatte bekannt vorkommen. Denn das steht so auch auf den Webseiten einschlägiger NGOs wie dem Umweltinstitut München e.V. oder dem BUND. Auf der Website der MLPD findet sich ebenfalls eine Stellungnahme gegen Glyphosat und Monsanto, und zwar in einem Gastbeitrag eines Frank Binder, laut Autorenzeile „Vorstandsmitglied der Umweltgewerkschaft“:

„Durch den Anbau von glyphosatresistenten Pflanzen hat sich der Einsatz von Glyphosat signifikant erhöht. Zahlreiche Organismen verlieren durch die Beseitigung der Wildkrautflora (im Volksmund Unkräuter genannt) Nahrungsquellen und Lebensräume.“

Das könnte auch ein Harald Ebner von den Grünen so gesagt haben, oder? Ebner, seines Zeichens Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik der Bundestagsfraktion, wird nicht müde, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu kritisieren, das bei der EU-Genehmigung von Glyphosat für die Risikobewertung zuständig ist. Der Informationsdienst Gentechnik schreibt:

„Der Grünen-Politiker Ebner warf dem BfR eine „Pfusch- und Verwirrungsstrategie“ vor. Noch im Agrarausschuss des Parlaments habe der Präsident der Behörde erklärt, Glyphosat sei nicht gefährlicher als Kochsalz oder Kaffee. Ebner forderte die Bundesregierung auf, aufzuklären, wie das BfR zu seinen Ergebnissen komme. Notfalls müsse es auch „personelle Konsequenzen“ geben, so der Abgeordnete.“

Das Portal „http://www.kommunisten.de – Das rote Nachrichtenportal für die bunte Bewegung“ ist laut Impressum „ein nichtkommerzielles Informationsangebot, das vom Herausgeberkreis in Kooperation mit dem Verein marxistische linke betrieben wird“. Hier findet sich ein ausführlicher Artikel zur Bürgerinitiative gegen Glyphosat. Der Autor des Textes sieht die Rolle des BfR ebenfalls kritisch, ein Auszug:

„Für Umweltverbände weist dies darauf hin, dass es sich bei der Neubewertung des BfR um eine „vorsätzliche Fälschung handelt“, deren Ziel gewesen sei, „wissenschaftlich exzellente Studien“ abzuqualifizieren. Lobbycontrol stellt beim Führungspersonal und den ExpertInnen des Amtes Verflechtungen mit der einschlägigen Industrie fest. Testbiotech, ein Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie, kommt zu dem Ergebnis, dass „viele der Beteiligten ihre Interessenkonflikte verschwiegen“.“

Auch der russische Propagandasender Russia Today hat das Thema für sich entdeckt und beruft sich dabei auf deutsche Leitmedien wie das TV-Magazin Fakt vom MDR sowie die Süddeutsche Zeitung:

„Wie das ARD-Magazin „Fakt“ und die Süddeutsche Zeitung aufdeckten, hat der Industrieriese Monsanto wieder einmal seine nicht ganz objektive Bewertung durch die Hintertür mit einfließen lassen. Demnach gab ECHA der Monsanto-Lobbyorganisation Glyphosat Task Force (GTF) die Möglichkeit, noch kurz vor der offiziellen Risikobeurteilung, ihre Bewertung einzubringen. Die offiziellen Kommentare der Interessengruppen hätten ein halbes Jahr früher vorgelegt werden müssen. Glyphosat Task Force hingegen hat ihren Beitrag erst Ende Januar eingereicht. Wie ECHA bestätigte, wurde dieser dann an den Ausschuss der Behörde weitergeleitet. Der Berliner Toxikologe Peter Clausing nahm als Beobachter an den Sitzungen der ECHA teil und äußerte gegenüber Fakt: „Die Industrie hat versucht, auf die Bewertung der Behörde Einfluss zu nehmen.“ Es wäre nicht das erste Mal, dass es Monsanto gelingt, sein profitorientiertes Streben über die Gesundheit und Expertise anderer zu erheben.“

Das Narrativ ist letztlich immer das gleiche: Monsanto manipuliert Studien, beeinflusst Kontrollbehörden und nimmt keine Rücksicht auf die Belange der Verbraucher, weil es ja nur um Profit geht. Die Fusion mit Bayer würde einen Mega-Konzern entstehen lassen, der den Landwirten die Preise diktiert und sie abhängig macht, so die Kritik. Kurz: Große Unternehmen sind böse, vor allem große US-amerikanische Unternehmen. Denn neben dem kruden Anti-Kapitalismus schwingt hier auch ein verkappter Anti-Amerikanismus mit.

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Größenvergleich nach Jahresumsatz

Dazu ein Vergleich: Baysanto-Kritiker geben an, dass der neue Konzern bei kommerziellem Saatgut einen Weltmarktanteil von rund 30 Prozent haben würde und bei Pflanzenschutz einen Anteil von knapp 25 Prozent. Der VW-Konzern hat in der EU einen Marktanteil von rund 25 Prozent. Fühlt sich deswegen irgendein Autofahrer gezwungen, einen Pkw von VW zu einem diktierten Preis zu kaufen? Bestimmt VW, welche Autos wir fahren? Wohl kaum. VW ist durch den Abgas-Skandal in Verruf geraten. Wo waren die Grünen bei der Hauptversammlung von VW Mitte Mai? Fehlanzeige! Sie hätten dort fordern können, den Skandal im Sinne der Verbraucher endlich aufzuklären und dafür zu sorgen, dass die Diesel-Fahrzeuge von VW endlich die Grenzwerte einhalten. Sie hätten ihrer Forderung Nachdruck verleihen können, dass in die Entwicklung attraktiver Elektrofahrzeuge investiert wird. Aber VW als heimisches Unternehmen mit Relevanz für den eigenen Arbeitsmarkt eignet sich eben nicht als Feindbild.

 

Bildnachweis: Dr. Michael Reininger

2 Antworten zu „Links, linker, am linksten”.

  1. Offensichtlich ist VW aber nicht „kampagnenfähig“, da es deutlich zu viele Nutzer gibt. Und beim Verbieten von etwas, das auf sie selbst zurückfällt, hört die Wählerunterstützung auf, bzw. es gehen im Verhältnis zum Gewinn zu viele Wähler von der Stange

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