Gentechnik? Ja, bitte!

Wer auf Facebook, Twitter und Co über meinen Namen stolpert, wird sich eventuell wundern, warum ich mich zum Teil so vehement für eine sachliche Auseinandersetzung mit Grüner Gentechnik einsetze. Hier folgt ein Erklärungsversuch.

Bevor ich mich intensiv mit Landwirtschaft beschäftigt und bevor ich selbst im eigenen Garten u.a. Kartoffeln angebaut habe, entsprach meine Meinung über Gentechnik vermutlich dem Mainstream: Wenn große Konzerne die Macht haben, kleine Bauern zu unterdrücken, ist das bestimmt nicht gut. Genmanipulation? Irgendwie unnatürlich. Patente auf Leben? Verursacht so unbestimmtes Unbehagen. Im Nachhinein würde ich das noch nicht einmal als Halbwissen bezeichnen, sondern eher als eine Art diffuse Unkenntnis, die aber emotional durchaus aufgeladen war.

Über die Jahre bekam ich dann mit, wie schwer es ist, der Natur eine Ernte abzugewinnen: Weizen wird von Fusarien befallen, Raps vom Rapsglanzkäfer aufgefressen, wenn der Bauer nichts dagegen unternimmt. Und wo eine Kornblume wächst, so schön sie ist, steht keine Gerste mehr. Ich muss mich entscheiden: Wenn ich was ernten will, muss ich die Natur – zumindest in Teilen – zurückdrängen. Dann Anbauversuche mit Erdbeeren und Kartoffeln im eigenen Garten: Die Erdbeeren schimmelten, bevor sie erntereif waren, und die Kartoffeln brachten im zweiten Jahr nahezu keinen Ertrag mehr, weil die Krautfäule Pflanze und auch Knolle in matschige, stinkende Pampe verwandelte.

Irgendwann stieß ich auf einen Text über Goldenen Reis: Cool, war meine erste Reaktion. So eine einfache smarte Lösung für ein schlimmes Problem: Ich sorge einfach dafür, dass das Hauptnahrungsmittel die nötige Dosis Provitamin A enthält und vermeide damit komplizierte logistische Verteilprobleme. Zudem ganz klassisch: Hilfe zur Selbsthilfe – das Mantra der Entwicklungshilfe. Tausende Kinder könnten Jahr für Jahr vorm Erblinden und vorm Tod gerettet werden. Für mich war völlig selbstverständlich, dass so eine Errungenschaft unverzüglich zum Wohle der Menschheit eingesetzt wird.

Und was ist mit den armen Kleinbauern, die von Monsanto unterjocht werden? Mein Mann hat in Göttingen studiert und bezieht die Zeitschrift für Absolventen. Dort erschien mal ein Artikel von Matin Qaim, der intensiv über die Auswirkungen des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen in Entwicklungsländern forscht. Der Artikel belegte, dass es den indischen Kleinbauern durch die Einführung von Bt-Baumwolle besser geht als vorher: Sie verdienen mehr und müssen weniger Pestizide einsetzen. Aha, also genau andersherum, wie öffentlich – und medienwirksam – von Aktivisten wie Vandana Shiva propagiert.

So, und dann erschien auf Spiegel Online ein Artikel mit der Überschrift „Letzte Rettung für den Goldenen Reis“. Wie letzte Rettung? Diesen Reis gibt es noch gar nicht für den Anbau? Seit diesem Zeitpunkt ist meine Empörung grenzenlos.

Aus ideologischen Gründen wird eine Entwicklung abgelehnt, die Tausenden Menschen helfen kann? Das ist Mittelalter! Leute, wir Leben im Zeitalter der Aufklärung. Es gibt einen internationalen wissenschaftlichen Konsens, dass gentechnisch verbesserte Pflanzen genauso sicher sind wie konventionelle Züchtungen. Interessengruppen und Parteien nutzen die diffuse, emotional aufgeladene Unwissenheit der Menschen, um das Thema Grüne Gentechnik für ihre Zwecke auszuschlachten. Das moralische Verwerfliche daran ist, dass sich Entscheidungsträger in Entwicklungsländern durchaus am Diskurs und an den politischen Entscheidungen in Europa orientieren – zum Leidwesen ihrer Bevölkerung.

Wie gesagt: Meine Empörung ist grenzenlos. Also bitte nicht wundern, wenn ich irgendwo im Web wieder einmal einem grünen Politiker seinen Populismus um die Ohren hauen sollte.

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