Die FAZ meldet heute einen Sinneswandel der Grünen im Umgang mit den Bauern. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer wird mit folgenden Worten zitiert:

„Ich sehe es so, dass auch die Grünen verbal abrüsten müssen.“

Man habe den Fehler gemacht, zu oft mit dem erhobenen Zeigefinger anzukommen. Die Agrarwende könne schließlich nicht ohne die Bauern gelingen. Er lobt eine Reduktion des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung sowie den Ausbau von Freiland- und Biohaltung von Legehennen.

Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Ausgerechnet Christian Meyer mahnt jetzt zu moderaten Tönen. Dabei nimmt er sich sonst wenig zurück, wenn es um eine Verschärfung der Debatte zum Beispiel zur Milchkrise geht. So fordert Christian Meyer derzeit lautstark eine Mengenregulierung im gebeutelten Milchmarkt, obwohl die Nachhaltigkeit einer solchen Maßnahme von Experten angezweifelt wird. Die Stimmung unter den Milchbauern beruhigt das freilich nicht.

Heute vor drei Wochen meldete Radio ffn, dass Meyer mit dem baldigen Rücktritt von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt rechne. In einer Meldung vom 7. Juni 2016 zitiert der Sender den Minister:

„Es ist schon dramatisch, und ich glaube, dass ein Rücktritt von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt nicht mehr fern ist. Ich glaube, wenn Schmidt nicht bald eine Umkehr macht und von seinem Wegschauen, Verzögern und Zaudern wegkommt, dann wird es für ihn ganz schwer werden. Dann wird er eben als Minister für das größte Höfesterben in der Geschichte der Milchwirtschaft in die Geschichtsbücher eingehen.“

Gehört das Streuen von Rücktrittsgerüchten etwa zum guten Umgangston unter Berufspolitikern?

Auch das Thema Glyphosat wird in der FAZ angesprochen:

„Meyer bemängelte in diesem Kontext auch die Kampagne seiner eigenen Partei gegen das Herbizid Glyphosat, das nun EU-weit womöglich nicht weiter zugelassen wird. Darüber soll in dieser Woche in Brüssel entschieden werden. […]

Die Kampagne gegen wie auch für Glyphosat sei ,,von beiden Seiten“ übertrieben gewesen, also auch von der Industrie. ,,Landwirte wollen natürlich auch nicht als Giftspritzer der Nation dargestellt werden“, erklärte Meyer.“

Leider verschweigt der Artikel, wie sich Christian Meyer inhaltlich in dieser Frage positioniert und welche Punkte er genau für übertrieben erachtet.

In einem Beitrag vom 6. Juni 2016 zitiert die Celler Presse den Minister jedenfalls so:

„In der EU muss das Vorsorgeprinzip zum Schutz von Verbrauchern und Umwelt uneingeschränkt gelten. Wirtschaftliche Lobbyinteressen dürfen keine Rolle spielen. Nicht nur, weil die Gefahr besteht, dass – wie von der Weltgesundheitsorganisation festgestellt – Glyphosat „für den Menschen wahrscheinlich krebserregend“ ist, muss dieses Pestizid vom Markt genommen werden. Auch die Folgen für die biologische Vielfalt sowie den Schutz von Flora und Fauna sind durch dieses Pflanzengift fatal. Die Kommission kann und darf sich daher nicht über die fehlende Zustimmung der Mitgliedstaaten hinwegsetzen und einen Kniefall vor den Interessen der Agrochemie machen. Eine durchgepeitschte Verlängerung der Glyphosat-Zulassung über die Köpfe der EU-Staaten hinweg darf es nicht geben.“

Hier kann ich keine verbale Mäßigung erkennen. Es ist genau das übliche von den Grünen bemühte Narrativ: Vorsorgeprinzip geht vor Lobbyinteressen und Glyphosat zerstört die Artenvielfalt. Sollte Christian Meyer etwa innerhalb der letzten drei Wochen seine Meinung geändert haben?

Die agrarzeitung meldet heute, dass die Kommission ohne Aussprache die Genehmigung für Glyphosat um weitere 18 Monate verlängern wird. Auf die verbale Abrüstung der Grünen in diesem Zusammenhang bin ich schon jetzt sehr gespannt.

 

 

 

Bildnachweis: http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/presse/pressefotos.html, brauers.com

2 Antworten zu „Doppelzüngigkeit”.

  1. Frau Günther, wo finde ich denn Ihre alten Blogbeiträge? Das wäre doch schade, wenn Sie weg gekommen wären…

  2. ahhh, im Archiv sind die journalistischen Perlen

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