Inzwischen haben 110 NobelpreistrĂ€ger einen Aufruf unterzeichnet, in dem Greenpeace aufgefordert wird, die ablehnende Haltung gegenĂŒber GrĂŒner Gentechnik im allgemeinen und dem Goldenen Reis im speziellem aufzugeben.
Und wie reagiert die finanzkrĂ€ftige Nichtregierungsorganisation? Greenpeace gibt sich ahnungslos, der Goldene Reis sei nach 20 Jahren immer noch nicht marktreif, heiĂt es in einer Stellungnahme von Greenpeace-Kampaigner Dirk Zimmermann:
„Das Problem: Es gibt den Reis gar nicht. Auch nach 20 Jahren Entwicklung wird er bisher nur auf Versuchsfeldern getestet und erfĂŒllt lĂ€ngst nicht die in ihn gesteckten Hoffnungen.“
Doch warum ist der Reis wohl nicht marktreif? Das ist ja genau das Problem und daran hat Greenpeace entscheidend mitgewirkt, indem die Organisation vor Ort Stimmung gemacht hat gegen die Innovation. In einer Spiegel-Reportage von 2008 findet sich folgende Schilderung:
„Am Anfang gab es beim Goldenen Reis Streit darĂŒber, wie viel Betacarotin tatsĂ€chlich im Reis vorhanden sei und wie viel davon der Körper aufnehmen könne. 2001 lud Greenpeace deshalb auf den Philippinen zu einer Pressekonferenz ein. Man habe ausgerechnet, sagte ein Greenpeace-Sprecher in die versammelten Mikrofone und Kameras, wie viel Goldenen Reis ein Kind am Tag essen mĂŒsse, um seinen Tagesbedarf an Vitamin A zu decken. Dann stand er auf und schĂŒttete neun Kilo Reis auf den Tisch.“
Dieses Problem ist zĂŒchterisch lĂ€ngst gelöst und trotzdem hĂ€lt sich das Argument des zu geringen Gehalts an Betacarotin nachhaltig in der Debatte.
Die aggressive Propaganda von Nicht-Regierungsorganisation hat durchaus Auswirkungen auf die EntscheidungstrĂ€ger in den EntwicklungslĂ€ndern. Auch die in Europa vorherrschende skeptische Haltung gegenĂŒber Gentechnik wird in EntwicklungslĂ€ndern rezipiert.

Zimmermann behauptet, die Wirksamkeit vom Goldenen Reis sei nicht nachgewiesen. Dem widerspricht der langjÀhrige Projektleiter Adrian Dubock entscheiden. Bereits in 2009 wurde das in in einer Studie bestÀtigt:
„Conclusion: b-Carotene derived from Golden Rice is effectively converted
to vitamin A in humans.“
Eine weitere Studie des gleichen Forschers Guangwen Tang musste auf Betreiben von Greenpeace zurĂŒckgezogen werden.
Ein weiteres Argument, dass Zimmermann bemĂŒht ist, dass der Goldene Reis nicht die Ursachen der MangelernĂ€hrung bekĂ€mpft:
„Neben all diesen UnwĂ€gbarkeiten ignoriert die Golden Rice-âLösungâ völlig die Ursachen von MangelernĂ€hrung – nĂ€mlich Armut und daraus resultierend einseitige ErnĂ€hrung. Diesen Missstand mit einem einzigen Lebensmittel zu bekĂ€mpfen, ist völlig absurd. Die Gefahr ist, dass âGolden Riceâ das Problem einseitiger ErnĂ€hrung sogar noch verschĂ€rfen wĂŒrde.“
Genau so gut könnte man sagen, „Ich gebe Dir die Polio-Impfung nicht, denn Du bleibst ja trotzdem arm und denkst nachher noch, Du mĂŒsstest jetzt seltener zum Arzt gehen.“ Geht’s noch?
Nicht fehlen darf in Dirk Zimmermanns Argumentation natĂŒrlich das Trojanische Pferd:
„ZuverlĂ€ssig (âfunktioniertâ wĂ€re zu viel gesagt) ist Golden Rice nur als PR-Instrument: Immer wieder wird er von Konzernen und Gentechnik-BefĂŒrwortern als Wunderpflanze gepriesen, um so den Weg fĂŒr andere gentechnisch verĂ€nderte Pflanzen zu ebnen, mit denen Monsanto und andere Agro-Unternehmen Profite einstreichen können.“
Die Reissorte solle den Weg ebnen fĂŒr den Vormarsch der Agrarkonzerne. Alle, die das „Trojanische Pferd“-Motiv anfĂŒhren, wenn sie gegen den Goldenen Reis wettern, mögen sich bitte eins vor Augen fĂŒhren: Der Etappensieg der Gentechnik-Unternehmen in der PR-Schlacht gegen die NGOs kommt ja nur dann zustande, wenn der Reis erfolgreich ist. Und wenn er erfolgreich ist, bedeutet das die Rettung von Millionen von Kindern. Was wiegt ethisch denn jetzt schwerer? Im Klartext: Ist es fĂŒr Greenpeace wichtiger, dass die Gentechnik-Konzerne diesen PR-Trumpf nicht bekommen, als dass diese Millionen Kinder gerettet werden? Tamar Haspel,  Autorin der Washington Post, fragte jetzt auf Twitter:
Here's the thing about Golden Rice. Don't you *want* it to succeed?
— Tamar Haspel (@TamarHaspel) June 30, 2016
Wollen wir wirklich, dass der Goldene Reis kein Erfolg wird? Nein, natĂŒrlich nicht! FĂŒr Greenpeace indes ginge ein Erfolg der Reissorte mit einem enormen GlaubwĂŒrdigkeitsverlust einher. Jahrzehntelange Propaganda wĂŒrde sich als haltlos erweisen.
Die Stellungnahme von Greenpeace International ist an Dreistigkeit kaum zu ĂŒberbieten. Zitiert wird Wilhelmina Pelegrina, Kampaignerin von Greenpeace SĂŒdost Asien:
„âAccusations that anyone is blocking genetically engineered âGoldenâ rice are false. âGoldenâ rice has failed as a solution and isnât currently available for sale, even after more than 20 years of research.“
Niemand hat also den Goldenen Reis blockiert? Im August 2013 zerstörten Aktivisten Versuchsfelder auf den Philippinen. Ende 2015 war eine Klage von Greenpeace und anderen Gruppen vor dem Obersten Gerichtshof auf den Philippinen erfolgreich: Alle Feldversuche von genetisch verbesserten Pflanzen waren danach zu stoppen, bis die Regierung eine neue gesetzliche Grundlage schafft. Basis dieser Entscheidung war u.a. eine Studie, die Greenpeace finanziert hat. Greenpeace meldet triumphierend, dass auch die Weiterentwicklung vom Goldenen Reis von der Entscheidung betroffen sein wird:
„The temporary ban is in place until a new âadministrative orderâ takes effect, and includes the highly controversial âGoldenâ rice, an experimental project by International Rice Research Institute (IRRI) that is currently back at the laboratory stage due to poor performance.“
Auch mit kriminellen Aktionen will Greenpeace nichts zu tun haben. Der Tagesspiegel hat mit Dirk Zimmermann gesprochen:
„Dass Versuchsfelder von Anti-GMO-Aktivisten zerstört wurden, seien „Ausnahmen“, mit denen Greenpeace nichts zu tun habe. „Das waren lokale Gruppen vor Ort“, sagt Zimmermann.“
Das ist so auch einfach nicht wahr: In Australien sind Greenpeace-Aktivisten rechtskrÀftig verurteilt worden, weil sie in 2011 Versuchsfelder mit gentechnisch verbesserten Weizen zerstört haben.
Kurzum: Die Antworten von Greenpeace zeigen, dass die NobelpreistrÀger schlichtweg Recht haben. Greenpeace ignoriert öffentliche Forschung und wiederholt GlaubenssÀtze und Dogmen, so wie dieser Satz aus Dirk Zimmermanns ErklÀrung:
„Mögliche Gesundheitsgefahren sind nach wie vor nicht ausreichend untersucht und auch unter Wissenschaftlern umstritten.“
Er verweist auf einen Beitrag bekannter Gentechnik-Gegner, der von rund 300 Personen unterstĂŒtzt wurde. Ich verweise hier mal auf eine Liste mit mehr als 275 internationalen Organisationen, die Gentechnik fĂŒr sicher halten:
„The update shows that 276 scientific institutions and organizations recognize the safety of GM crops and their potential benefits.“
Wieviele Personen mögen wohl dahinter stehen?
Und zum Schluss noch der Klassiker: das Argumentum ad Monsantium, eingebracht in einer Diskussion auf Facebook. Noch Fragen?

Bildnachweis: Karl Haro von Mogel, https://www.biofortified.org/2016/07/110-nobel-laureates-greenpeace-gmos/
Argumentum ad Monsantium. Made my day. đ In der Tat ein Klassiker: Immer wenn die Argumente gegen Gentechnik, gegen Glyphosat, gegen Methoden der modernen Landwirtschaft ausgehen, kommt mit schöner ZuverlĂ€ssigkeit Monsatan um die Ecke geschlurrt. Ă la: Was, Du willst nicht meiner Meinung sein? Dann musst Du von Monsanto gekauft sein. TotschlĂ€ger Luzifer statt Art. 5 GG.
das Argument mit den 9kg Reis, die ein Kind essen muss, wird noch heute von Martin HĂ€usling (EU Abgeordneter B90/GrĂŒne) in öffentlichen Diskussionen verbreitet. Meine Frage, ob er schlecht informiert ist oder einfach nur lĂŒgt, beantwortete er so: „Aber darum geht es doch ĂŒberhaupt nicht!“
Danke, sehr guter Text!
Die Greenpeace Aussage (Argumentum ad Monsantum) ist sehr bezeichnend. „Nur wir haben die richtigen Experten, unser ist sogar Doktor…“.
Hat die Aussage mit dem im letzten Jahr verstorbenen Unterzeichner wenigstens hand und FuĂ? Oder haben die das nur mal so geschrieben, weil eh keiner die Liste mit den 110 Namen darauf ĂŒberprĂŒfen wird?
Auf der Unterzeichner-Liste steht Alfred G. Gilman (1994: Medizin). Gilman ist am 23. Dezember 2015 verstorben (http://www.nytimes.com/2015/12/25/us/dr-alfred-g-gilman-whose-work-on-proteins-won-nobel-prize-dies-at-74.html?_r=0). Ich denke, diese Zahl an PreistrÀgern kommt nicht von heute auf morgen zustande.
Vielen Dank.
Ich sehe das auch so, die Unterschriften-Aktion wird wohl schon seit einiger Zeit laufen und ist wohl veröffentlicht worden, nachdem die „magischen 100“ ĂŒberschritten waren.
Den Tod eines der Unterzeichner als Anlass zu nehmen, um die gesamte Liste zu diskreditieren ist natĂŒrlich ohnehin Ă€uĂerst schlechter Stil. Und wenn man den Rest der „Argumente“ betrachtet, das einzige von Gehalt, was Greenpeace seinen Kritikern erwidern kann. SchĂ€big.
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Wer ist eigentlich dieser Dirk Zimmermann? Hat vor ein paar Jahren irgendwo promoviert, ist jetzt „Kampaigner“* fĂŒr Greenpeace, und damit automatisch Weltexperte fĂŒr GMOs. Wissenschaftlich reĂŒssiert hat er nicht. Ich finde keine relevanten Veröffentlichungen von ihm zum Thema.
Greenpeace ist mittlerweile Taliban. Sonst nichts.
*Greenpeace-Sprech fĂŒr Lobbyist.
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Keiner dieser NobelpreistrÀger war vom Fach. Hab mich fast weggeschmissen vor lachen.
James Watson stand meines Wissens neben einer Reihe von anderen HochkarÀtern auch mit drauf.