Die US-amerikanische Anti-Gentechnik-NGO U.S. Right to know hat auf ihrer Website weitere Unterlagen aus der Schadenersatzklage gegen Monsanto veröffentlicht. Unter den Unterlagen sind neben den Rechnungen, die Glyphosat-Gegner Christopher Portier an die Anwaltskanzlei schrieb, die die Kläger vertritt, auch Teile der E-Mail-Korrespondenz von Portier mit Kolleginnen und Kollegen der Internationalen Agentur für Krebsforschung IARC und/oder mit Vertretern der Medien.

Ende November 2015 schrieb Christopher Portier zusammen mit rund 95 weiteren Wissenschaftlern einen Offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. In diesem Brief kritisiert Portier die Risikobewertung für Glyphosat des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Wie eine der jetzt veröffentlichten E-Mails nahelegt, hat Portier für die mediale Verbreitung seines Briefes Schützenhilfe aus der bundesdeutschen Politik bekommen. Ein Mitarbeiter aus dem Büro des Bundestagsabgeordneten Harald Ebner, Bündnis 90/Die Grünen, quittiert Portiers Nachricht, dass der Brief verschickt sei, mit den Worten „Thank you! Then I will start sending now.“ Anscheinend hat man hier im Vorfeld etwas abgesprochen. Was genau, geht aus der E-Mail nicht hervor.

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Quelle: https://usrtk.org/wp-content/uploads/2017/10/Portier-and-IARC-related-documents.pdf

Aus einer weiteren E-Mail vom selben Tag lässt sich schließen, dass Christopher Portier die Nachricht von dem Brief an Andriukaitis mit einer Sperrfrist versehen hat. Portier leitete die an den Gesundheitskommissar verschickte E-Mail weiter an IARC-Mitarbeiterin Kate Guyton mit dem Kommentar „Embargoed until monday“. Montag ist in diesem Fall der 30. November 2015.

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Quelle: https://usrtk.org/wp-content/uploads/2017/10/Portier-and-IARC-related-documents.pdf

Pünktlich am Montagmorgen noch vor 8:00 Uhr Ortszeit wartete die Süddeutsche Zeitung mit ihrer Schlagzeile auf: „Wissenschaftler protestieren gegen Glyphosat-Bewertung„. Bereits am Wochenende hatten die Autoren Silvia Liebrich und Andreas Rummel die Stellungnahme vom BfR eingeholt. Man war also bestens vorbereitet. Die Pressemitteilung von MdB Harald Ebner vom gleichem Tag zum gleichen Thema fällt im Vergleich zur Berichterstattung recht schmal aus. Ohne groß auf die Inhalte des Briefes einzugehen, wird gefordert:

„Nächste Woche tagt der auch für Pestizide zuständige Ausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel mit Regierungsvertretern aller EU-Staaten. Auf der Tagesordnung steht die EFSA-Empfehlung für Glyphosat. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, die EFSA-Empfehlung nach Parma zurückzugeben und neu aufzurollen.“

Hier soll also Druck aufgebaut werden, die Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA, die Glyphosat für unproblematisch hält, zurückzuweisen.

Pikant ist, dass Christopher Portier zu diesem Zeitpunkt bereits bei der Kanzlei  Lundy, Lundy, Soileau & South unter Vertrag stand. In dem Offenen Brief an Vytenis Andriukaitis steht davon nichts und seinen Kollegen verrät Portier auch nichts von dem Engagement. Das wiederum ist nachzulesen in dem Schreiben, mit dem er aufruft, seinen Brief mit zu unterzeichnen.

Ob den Wissenschaftlern, die damals unterschrieben haben, bewusst war, worum es hier eigentlich geht?

 

3 Antworten zu „Networking”.

  1. Eine eindrucksvolle Recherche! Warum können unsere Medien das nicht und überlassen den investigativen Journalismus Bloggern wie Schillipaeppa?

  2. […] Networking October 30, 2017 […]

  3. […] zwischen Glyphosat-kritischen Wissenschaftlern, grünen Politikern und Journalisten aufzeigt: Networking & Infofluss: Panta rhei & […]

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